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November 2000
editor@os2voice.org
Von Frank
Berke & Christian
Hennecke,
©November 2000
Warpstock Europa Homepage - http://warpstock.os2.org/de/ |
Die gezeigten Photos wurden zur Verfügung gestellt
von: Roland Junkers, Kim Haverblad und Wolfgang Wilms.
Wie im letzten Jahr kamen die Besucher aus weiten Teilen Europas: z.B. aus Deutschland, der Schweiz, Dänemark, Schweden, den Niederlanden, Großbritannien und Portugal.
Gegenüber der Vorjahresveranstaltung in Bochum war der Austragungsort einige Klassen besser und dank der exzellenten Betreuung durch die Fiducia konnten wir uns mehr auf die eigentliche Organisation konzentrieren, was sich auch in der wesentlich höheren Anzahl an Ausstellern niederschlug. Aber dazu später mehr. Uns hat Warpstock Europa jedenfalls sehr gut gefallen und wir werden sicherlich nächstes Jahr wieder dabei sein. Photos der Veranstaltung werden in Kürze auf der Warpstock Europa Homepage zu sehen sein.
Bild 1: Das Ausstellungsgebäude
Es war wirklich schön, einmal die Gesichter hinter den Namen aus den Newsgruppen, den IRC-Nicks oder den E-Mail-Adressen zu sehen. Einige Leute hatten ich mir ganz anders vorgestellt. Solche, von denen ich vermutet hatten, sie seien eher der gemütliche, etwas stabilere Typ stellten sich als von eher asketischem Aussehen heraus und umgekehrt. Es ist schon interessant, wie man von der Art der Leute, sich auszudrücken oder am Telefon zu sprechen, auf ihr Aussehen schließt. Jedenfalls habe ich, wenn leider auch nur sehr kurz, Thomas Klein aus dem Übersetzungsteam für den Newsletter getroffen (ich schulde ihm immer noch ein Bier). Kim Haverblad von OS2 World.com, der seine Site auch als Aussteller präsentierte, hatte ich mir zuerst als recht jungen OS/2-Enthusiasten vorgestellt, aber in Wirklichkeit war er lange Zeit IBM-Mitarbeiter. Dafür ist wohl die Analogie zu Adrian Gschwend und Netlabs verantwortlich. Kims Energie ist jedenfalls ansteckend und ich hoffe, daß wir in Zukunft wenigstens einige seiner Ideen verwirklichen können.
Ich hatte glücklicherweise Gelegenheit, Andreas Lindes hochinteressanten Vortrag zur Erstellung dynamischer Websites zu hören und mich mit ihm zu unterhalten. Andreas wird VOICE bei einigen Dingen wie der Einrichtung der Warpdoctor-Site behilflich sein. Außerdem streben wir überhaupt eine engere Zusammenarbeit mit OS2.org an. Beispielsweise könnten sie uns auch bei der Verwaltung und Erstellung des Newsletter helfen und VOICE könnte im Gegenzug Hard- und Softwarebesprechungen aus dem Newsletter zur Verfügung stellen, die dann in OS2.orgs Hardwarekompatibilitätsliste und das SoftWhere?-Projekt aufgenommen werden.
Wie sich schon andeutet, gab es jede Menge Austausch unter den Besuchern. Besonders die Entwickler konnte man überall ihre Köpfe zusammenstecken und diskutieren sehen. Ich hoffe, daß daraus viele fruchtbare Ideen und Zusammenarbeit entstehen. Jedenfalls sind einige mit der Lösung eines üblen Problems nach Hause gegangen.
Es gab leider keinen VOICE-Stand in Karlsruhe. Frank und ich waren so in die Organisation der Veranstaltung eingespannt, daß dafür keine Zeit mehr übrig blieb. Aber zumindest habe ich einen Vortrag über VOICE gehalten, der einigermaßen gut besucht war, hauptsächlich von Leuten aus dem deutschsprachigen Raum, von denen ich hoffentlich einige davon überzeugen konnte, Mitglied zu werden.
Leider habe ich nicht alle für mich interessanten Vorträge besuchen können, z.B. den zur Workplace Shell-Programmierung von Ulrich Möller. Aber ich habe dennoch einige sehr interessante Dinge erfahren.
Bei der Keynote legte Oliver Stein IBMs zukünftige Strategie für OS/2 dar. Für diejenigen, die in der letzten Zeit die diversen Newsquellen verfolgt hatten, war nichts wesentlich neues dabei, aber er sagte, daß mit mindestens fünf weiteren Jahren OS/2-Unterstützung seitens IBM zu rechnen sei, je nachdem, wie sich die Großkunden in Zukunft entscheiden würden.
Größere und wichtige Neuigkeiten hielt dafür der ebenfalls
von Oliver Stein gehaltene Vortrag zu Gerätetreibern bereit. IBM investiert
momentan stark in die Entwicklung von USB-Treibern für Geräteklassen,
die mittels generischer Treiber anzusprechen sind. Darunter fallen z.B.
externe Massenspeicher wie CD-ROMs, DVDs und CD-RWs. Für diese soll
bereits gegen Ende des Jahres Unterstützung erhältlich werden.
Ebenso befinden sich Treiber für die Belkin USB-zu-Parallel/Seriell
Schnittstelle in Entwicklung. Für viele ist sicher auch interessant,
daß für 2001 geplant ist, auch den OHCI-Standard zu unterstützen,
wenn dies auch nicht an erster Stelle steht.
Im Zuge von IBMs neuer Begeisterung für Linux wurde das OMNI-Treibersystem
vor kurzem portiert. Seitdem erhält IBM laut Herrn Stein eine Menge
Angebote für die Erweiterung mit spezifischen Funktionen von Druckerherstellern,
die sich in keinster Weise für OS/2 Unterstützung interessiert
haben. Für OS/2 User ist dabei von besonderem Interesse, daß
implementierte Erweiterungen rückportiert werden sollen.
Herr Stein demonstrierte eindrucksvoll die Eigenschaften des PCCard-Treibers,
indem er mit seinem Thinkpad problemlos gerade gemachte Photos aus dem
Speicherstick einer Digitalkamera auslas. Anschließend konnte man
den neuen IrCOMM-Treiber in Aktion erleben, mit dessen Hilfe er die Daten
eines Mobiltelefons lesen und schreiben konnte. Dazu ist allerdings ein
Mobiltelefon mit Hardwaremodem erforderlich. Der IrCOMM-Treiber setzt auf
IBMs kompletten IrDA-Stack auf, der mit weiteren Treibern auch die Kommunikation
mit Netzwerkkarten oder Druckern ermöglicht.
Geplant sind außerdem die Unterstützung für den neuen
USB 2.0 Standard und die nächste Version des UDF-Dateisystems. Alle
diese Erweiterungen werden jedoch nur über Softwarechoice oder die
eComStation Upgrade Protection zu beziehen sein.
Auch in Europa war das Odin-Team Garant für einen vollen Vortragssaal. Die Zahl der bereits funktionsfähigen Programme ist mittlerweile sehr stark gestiegen. Applaus gab es besonders, als Achim Hasenmüller Microsoft Word startete und "Welcome to Microsoft Word for OS/2" eingab. Sehr beeindruckend waren auch diverse Spiele, die ohne Probleme und mit angenehmer Geschwindigkeit liefen. Auch wenn Odin noch bei weitem nicht komplett ist, so ist der seit der Wiederbelebung des Win32-OS/2 Projektes gemachte Fortschritt doch immens und man kann Odin bereits sinnvoll einsetzen.
Für mich war als Herausgeber des Newsletter natürlich Esther Schindlers Vortrag über Produktbesprechungen sehr interessant. Dabei gab es einen sehr humorvollen Blick hinter die Kulissen und natürlich Hinweise auf Anfängerfehler und wie man es besser machen sollte. Außerdem waren Esther und Bill Schindler auch als Repräsentanten der Phoenix OS/2 Society anwesend und zeigten das Mitgliedermagazin Extended Attributes.
Zsolt Kadar stellte sein Paket UpdCD zum Aktualisieren der Warp 4 CD vor, daß inzwischen sogar in der Lage ist, zusätzliche Pakete wie Java 1.1.8, Netscape 4.61 und TCP/IP 4.1 zu integrieren. Zusätzlich zu seinem Vortrag führte er die Software auch live im Einsatz vor und bot Besuchern die Gelegenheit, gegen Vorlage eines Lizenznachweises eine aktualisierte CD mitnehmen zu können. Der Brenner hierfür hatte eine Menge zu tun.
Rainer Feuerstein klärte die Besucher seines Vortrages über die Verfahren zur Erstellung von bootfähigen CDs für OS/2 auf, und dies jeweils für Kommandozeilen-, PM- und WPS-Systeme. Damit ist es z.B. möglich, quasi allgemein lauffähige Wartungssysteme zu erstellen, von denen aus Aufgaben wie Backups oder das Aufspielen von speziell vorkonfigurierten OS/2 Systemen schnell und bequem erledigt werden können. Für Interessierte hielt Herr Feuerstein außerdem CDs mit einer Zusammenstellung sämtlicher benötigter Pakete bereit.
Bild 2: Podiumsdiskussion zu eComStation
Am Freitag abend fand die Podiumsdiskussion zu eComStation statt, an der Bob St. John und Kim Cheung von Serenity Systems, Oliver Mark von IBM, Achim Hasenmüller von Innotek Software, Joachim Benjamins von Mensys und Richard Spurlock von Starfire Technologies teilnahmen. Das Interesse war sehr groß und einige Besucher bekamen nur noch Stehplätze. Die gestellten Fragen beschäftigten sich erstaunlicherweise größtenteils mit Entwicklerthemen. Darin spiegelte sich jedoch auch die große Zahl von Entwicklern unter den Besuchern wider. Man bekam den Eindruck, den Achim Hasenmüller in der Diskussion ansprach: daß Serenity Systems sehr am Erfolg ihres Produktes interessiert und sehr engagiert sind, wenn es um Kundenwünsche geht. Davon konnte ich mich auch am Samstag bei einer Vorführung im kleinen Kreis durch Kim Cheung überzeugen. Ich bin ein absoluter Laie, was Dinge wie die Fernverwaltung und -installation angeht. Wie auch immer, die Vorführung der Fähigkeiten des Wisemanager war jedenfalls sehr beeindruckend. Zudem konnte man Bob St. John und Kim Cheung oft im Gespräch mit Entwicklern beobachten. Ich bin gespannt, was daraus noch entsteht.
Im Bereich für nicht-kommerzielle Aussteller zeigten Entwickler
ihre Produkte, stellten Usergruppen sich vor und boten Hilfe bei Problemen
an und präsentierte sich OS2.org. Daniela Engert hatte ihr Hardwaretestequipment
mitgebracht, fühlte damit der einen oder anderen "Problemmaschine"
auf den Zahn und aktualisierte "nebenbei" ihre Treiber. Christopher Wohlgemuth
stellte seine Brennersoftware Cdrecord/2
mit seinem Frontend Audio/Data-CD-Creator und eine neue Version von CandyBarz
vor, die mit u.a. Transparenzeffekten wirklich sehr "cool" aussah. Aus
den USA kam Bill Ritcher von Guiffy Software
und zeigte sein Java-Sharewareprogramm Guiffy zum Vergleichen und Zusammenführen
von Dateien, mit dem man sich viel Arbeit ersparen kann.
Neuheiten aus dem Bereich Multimedia sieht man unter OS/2 nicht allzu
oft und Carsten Tenbrinks Stand, auf dem er Cinema/2
präsentierte, war von TV-Süchtigen entsprechend ständig
umlagert. Gleiches gilt für die Technologiedemonstration eines DVD-Videospielers
von Rüdiger Ihle. Ich hoffe sehr, daß sich jemand findet, der
die weitere Entwicklung und vor allem die immensen Lizenzgebühren
finanziert, insbesondere da die Firma, die IBM erst einen Auftrag für
eine solche Entwicklung gegeben hatte, sich wohl zurückgezogen hat.
Jürgen Dankoweit hat inzwischen die Entwicklung von Secure
Desktop wieder aufgenommen und zudem die eines Paketes für Amateurfunker
übernommen. Karlheinz Schmidthaus vertrat Harald Meyer und präsentierte
das neue ISDNPM 3.0 mit vielen neuen Möglichkeiten.
Aus Großbritannien war Dimitris Michelinakis von der Warp UK
Usergruppe angereist und hatte seine Tools
zur Server- und Firewallkonfiguration und CONFIG.SYS-Verwaltung mitgebracht.
Carsten Müller nahm nicht nur für Sun teil, sondern bot auch
einen Einblick in die Online-Foren von commTalk.de,
die wir auch kräftig zum Rühren der Werbetrommel genutzt haben.
Sehr kompetent und geduldig erklärte Cornelis Bockemühl auch
absoluten Laien die Grundzüge der Astronomie und führte dabei
sein Freewarepaket PmAs
vor. Mancher mag hier ein neues Interessengebiet für sich entdeckt
haben. Seine VIO-Programme ADRp,
Snee und Voldep hatte Timo Maier dabei. Es ist schon erstaunlich, wie
viele Leute mittlerweile Aktien besitzen.
Bild 3: Blick aus der Galerie im 1. Stock
Bei den kommerziellen Ausstellern gab es ebenfalls einiges zu sehen.
Unser Hauptsponsor IBM war nicht nur mit
mehreren Referenten anwesend, sondern zeigte unter anderem zwei Netfinity-Server,
die jeweils 4 Prozessoren besaßen. Die Mannschaft von VTS
Datensysteme führte ihre Softwareprodukte zur Netzwerkverwaltung
vor.
Am Stand von Sun Microsystems konnte
man das neue StarPortal bewundern. Dabei stellte eine Sun Sparc Ultra 60
sämtliche StarOffice-Funktionalität zur Verfügung, die unter
OS/2 als Java-Applikation oder im Browser angesteuert werden konnte, und
das in angenehmer Geschwindigkeit. Leider hatte ich keine Gelegenheit,
mir den Vortrag von Starfire Technologies
anzuschauen, aber die Demonstration von Titan, einer Serververwaltung mit
Webinterface, am Stand war hochinteressant.
HOB zeigte die Produkte für den
Fernzugriff auf Windowsrechner mit HOBLink JWT und auf Unixmaschinen mit
HOBLink X11. Mein Gespräch mit den Herren von HOB brachte auch erfreuliche
Neuigkeiten, besonders auch für Privatanwender. Momentan gibt es noch
Performance-Probleme, wenn man lokale Programme auf einem Einzelrechner
laufen läßt. Dies soll aber noch in diesem Jahr behoben werden.
Außerdem ist Unterstützung des neuen X11R6.4 Standards geplant.
Die Firma Artem zeigte ihre Hardwarelösungen
zur kabellosen Vernetzung. Man konnte hier erfahren, daß sie mit
Hochdruck an OS/2-Treibern für ihre Produktfamilien arbeiten und in
Erwägung ziehen, ein verbilligtes Set für Heimanwender herauszubringen.
Ebenfalls aus dem Bereich der Kommunikation stammt Hypercope,
die ISDN-Hardware für Großlösungen anboten.
Wie schon im letzten Jahr war auch EPSON
wieder vertreten. Hier konnte man natürlich Drucker, aber z.B. auch
Scanner im Einsatz mit PMSANE und SANE bewundern. Von Wolfgang Wilms, ebenfalls
Mitglied des Warpstock Europa Planungsteams, war zu erfahren, daß
EPSON sehr an der Aktualisierung des Scannersupports für OS/2 interessiert
ist. Am Nachbarstand von Lexmark waren
ebenfalls einige Drucker zu bewundern. Übrigens haben sich mehrere
Besucher sehr lobend über die Beratung durch EPSON und Lexmark geäußert,
auch was Endanwender angeht.
Am Stand von Norman konnte man
sich über Sicherheitslösungen für Netzwerke informieren,
ein Thema, daß gerade wieder sehr aktuell ist, siehe den Einbruch
ins Microsoft Firmennetz. Die deutschen Softwarevertriebe Deckarm
und Novastar boten ihre Produktpalette
an, z.B. Lotus Smartsuite und Impos/2. Eine große Auswahl an Fachbüchern
zu speziellen Messepreisen, u.a. Oliver Marks Buch zu WSeB, zeigte der
C&L
Verlag.
Schließlich ist natürlich noch Mensys
zu nennen. Neben einer großen Anzahl an OS/2-Software konnte man
hier auch Bob St. John und Kim Cheung von Serenity Systems mit eComStation
finden, die in Europa von Mensys vertrieben wird. Wenn er nicht gerade
einen Vortrag hielt oder sich im Gespräch mit Entwicklern befand,
gab Kim Cheung hier einige sehr beeindruckende Vorführungen der Möglichkeiten
des WiseManagers mit einem Klientensystem ohne Festplatte (diskless client).
Am Samstagabend viel leider wegen technischer Probleme die Warped Jeopardy Quizshow aus. Stattdessen gab es eine Verlosung mit Esther Schindler als Glücksfee und anschließend wurde eine der letzten großen OS/2 Fahnen, die Oliver Mark stiftete, versteigert. Bob St. John übernahm den Part des Auktionators und erwies sich als großartiger Unterhalter. Kurzerhand wickelte er Daniela Engert in die Fahne ein. Daran wird man sich noch lange erinnern. Gibt es noch jemanden, der das Photo noch nicht hat? Nun, jedenfalls wurde die Fahne für DM 800,- von Eirik Overby ersteigert. Der Erlös wird für die Organisation des nächsten Warpstock Europa verwendet werden.
Bild 4: Versteigerung der Fahne mit Daniela Engert und
Bob St. John
Danach wurde der Tag mit dem "Social Event" beschlossen, daß restlos ausverkauft war, obwohl wir noch in der Lage waren, einige zusätzliche Plätze zu organisieren. Anfangs verlieh Kim Haverblad den OS2 World.com Award und Warpstock Europa bekam denjenigen in der Kategorie "Best Event of the Year". Bei Musik und gutem Essen vom Buffet kam gute Stimmung auf und man erzählte sich die eine oder andere OS/2-Geschichte.
Bild 5: Gute Stimmung bei der Abendveranstaltung am Samstag
Ich kann nur sagen, daß mir Warpstock Europa gut gefallen hat, auch wenn es ziemlich anstrengend war. Nächstes Jahr möchte ich eine weitere "Ausgabe" sehen.
Für mich und viele andere Mitglieder des TeamOS/2 Ruhr e.V. fing alles mit einem "mißglückten" Stammtisch an: dank der ausgereiften Informationsstruktur des damaligen Vereinsvorstandes versammelten sich nicht wenige Mitglieder am falschen Tag, so daß quasi ein inoffizielles Treffen stattfand. Zum großen Glück war an eben diesem Tag auch Wolfgang Wilms anwesend, der etwas aus seiner Tasche zauberte, woran fast schon niemand mehr geglaubt hatte: die präsentationsfertigen Basisplanungen für die Warpstock Europa 2000. Zusammen mit Christian Langanke, dem jetzigen Vorsitzenden des TeamOS/2 Ruhr, hatte er in den Monaten zuvor eine passende Lokation ausgesucht, die sogar der IBM genehm war und die in keinster Weise etwas mit der Ruhr-Universität Bochum von 1999 mehr gemein hatte.
Beim nächsten regulären Treffen dann wurde die Katze aus dem Sack gelassen: ohne langes Gerede ging es an die Verteilung der Aufgaben, die alle mit höchster Priorität behandelt werden wollten, denn das Jahr war bereits zur Hälfte um. Christian Hennecke und ich sicherten uns spontan die Akquisition der nicht-kommerziellen Aussteller. Die Idee, Programmierern, die kein oder nur wenig Geld für ihre Software nehmen, kostenlose Ausstellungsfläche inklusive Hardware (auf Wunsch) bei freiem Eintritt zu gewähren, fanden wir schlicht überragend.
Da es diese Möglichkeiten bei anderen OS/2 Veranstaltungen unseres Wissens nach nicht gibt bzw. gab, gingen wir primär davon aus, daß wir uns vor lauter Andrang kaum retten könnten. So sammelten wir zunächst einmal still und heimlich Ideen, wen man denn wohl so kontaktieren könnte. Dabei ergab sich zunächst die Schwierigkeit, eine klare Abgrenzung zwischen kleinen Firmen und "einfachen" Shareware-Autoren zu ziehen. Eine Möglichkeit wäre natürlich gewesen, nach dem jeweiligen Vertriebskonzept zu unterscheiden, doch wollten wir auch niemanden vor den Kopf stoßen, denn hinter einigem, was sich auf Hobbes etc. als vermeintliche Shareware tummelt, steht eine richtige Firma. Also entschieden wir in solchen Fällen nach unserem gesunden Menschenverstand und glauben wohl, daß das ganz passabel geklappt hat.
Während Christian und ich denn des Abends stundenlang das WWW bereisten, auf der Suche nach OS/2 Programmen und Informationen über die betreffenden Autoren, standen wir bald vor der nächsten Schwierigkeit: sollen wir jetzt nur Autoren berücksichtigen, deren Programm in einer halbwegs aktuellen Version auf Hobbes bzw. LEO liegt oder ebenfalls versuchen, Programmierer zu "reaktivieren", von denen schon seit längerem keine Updates mehr kamen? Für die zweite Variante entschieden wir uns nicht zuletzt deswegen, weil es viele dieser Programme zu diesem Zeitpunkt noch bei BMT Micro zu kaufen gab (inzwischen wurde deren Webauftritt stark verändert und ich weiß nicht, inwiefern das auch für die Produktlisten gilt) und sich doch einige Perlen darunter befinden, bei denen eine Weiterentwicklung sehr wünschenswert wäre.
Bis zu unsere offiziellen Deadline Mitte September war die Datenbank, in welcher die nichtkommerziellen Aussteller verwaltet wurden, auf genau 107 Einträge angewachsen, wobei die Kandidaten im wesentlichen immer schubweise abgearbeitet wurden. Ledigliche einige wenige in Deutschland oder dem nahen Ausland ansässige Programmierer wurden von uns mit einer telefonischen Einladung überrascht, sofern wir die persönlichen Daten ermitteln konnten (das Internet birgt mehr Informationen als manchen lieb sein kann - für uns wäre es aber das liebste gewesen, alle Entwickler hätten auf ihrer Heimseite auch fein säuberlich eine Kontaktadresse angegeben ;-)
Während die Telefongespräche zwar nicht immer erfolgreich, aber doch im wesentlichen amüsant verliefen, gestaltete sich die Nachfragerei per E-Mail zu einer Farce: gegen Ende August hatten Christian und ich zusammen lediglich die Zusagen von einer knappen Handvoll (!) Leuten, so daß wir schon befürchten mußten, die Entwickler würden als kleines, verschüchtertes Grüppchen in einer Ecke kauern, voll Angst, von jemandem entdeckt zu werden...
Glücklicherweise kam schließlich doch alles anders als erwartet. Im September kam noch eine gute Anzahl spätentschlossener dazu, zu denen auch Daniela Engert und Zsolt Kadar zählten. Obwohl beide an ihrer Teilnahme an Warpstock Europa keinen Zweifel gelassen hatten, Zsolt sogar mit einen Vortrag über sein Programm, wollten beide noch kurzfristig einen "Sitzplatz" mieten, den wir ihnen natürlich gerne gegeben haben. Diese beiden Spätzünder waren gottlob richtige Glücksfälle für unsere immer auf Sensationen lüsternde Marketingmaschine, denn wo sonst kann man Einheitentreiberentwicklung live verfolgen oder sich seine Warp4 CD auf den neuesten Stand bringen lassen? So etwas bleibt natürlich positiv in Erinnerung, hoffentlich auch bei den Besuchern!
Großen Unmut dagegen empfinden Christian und ich, wenn wir an
die große Zahl derer denken, die sich trotz - in einigen Fällen
zweimaliger! - Einladung noch nicht einmal dazu bequemt haben, uns wenigstens
eine Absage zu schicken. Ich möchte hier jetzt nicht über fehlende
Netiquette resümmieren (ja, auch eine E-Mail halte ich für einen
ernst gemeinten Kommunikationsversuch, oder wären Sie nicht brüskiert,
wenn jemand den Sie ansprechen, ohne Wort weitergeht?), sondern vielmehr
den Fokus auf das lenken, worum es letztendlich geht: OS/2.
Was nämlich ist OS/2 heute noch wert ohne die, die Software für
diese Plattform entwickeln? Richtig, nichts. Doch langsam wundert es mich
ein bißchen, wie die Entwickler zu diesem Punkt stehen. Viele Leute
(auch Firmen) monieren die schwachen Umsätze im OS/2 Bereich, was
über kurz oder lang dazu führt, daß OS/2 als Plattform
aufgegeben wird, die Produkte dann in einer Schublade verschwinden und
in Vergessenheit geraten. Nur, ist das immer allein die Schuld der Endanwender,
die, aus welchen Gründen auch immer, ihre Geldbörse geschlossen
halten? Ist es nicht vielmehr auch die Schuld der Entwickler selbst, die
ihre Software nicht an den Mann bringen können oder wollen? Wer die
Meinung der Endanwender ignoriert, seine Software auf einer möglichst
schwer zu findenden Homepage anbietet und am besten noch die Newsgruppen
bzw. die gängigen Online-Foren geflissentlich ignoriert, sollte sich
über den "Erfolg" seiner Software nicht wundern.
Sowas nennt man nämlich Marketing und unter Marketing fasse ich
z. B. auch die Präsenz auf einer Messe auf. Natürlich ist es
für mich absolut verständlich, wenn jemand aus den Australien,
den USA, Italien, ja selbst aus den entlegenen östlichen Bundesländern
die Kosten der Anreise und der Unterkunft scheut. Doch eine Nachricht,
daß man nicht kommt, ist das mindeste, was man erwarten darf, zumal
ein einfaches Reply ja im Höchstfalle einige läppische Minuten
gebraucht hätte. Wenn dieses Antwortverhalten Rückschlüsse
auf das Supportgebaren dieser Programmierer erlaubt, sieht es leider ziemlich
düster aus.
Ich hätte mir diese Worte gerne gespart und am liebsten in der Hauptsache darüber berichtet, wie reibungslos alles verlaufen ist. Nur ist es das nicht und wo Menschen interagieren, kann ja auch nicht alles reibungslos abgehen. Nur wenn annähernd 50% des potentiellen Feedbacks fehlen, stimmt da etwas nicht in der Community.
Was mir dagegen einen enormen Auftrieb gegeben hat, waren eben die Leute, die schließlich bei der Warpstock anwesend waren, aber auch die, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen entschuldigen ließen. Es ist ein erhebendes Gefühl, die Leute, die sich wenn überhaupt dann nur im Usenet begegnen, zusammenzubringen und auch persönlich kennenzulernen. Es hat sich ein ums andere Mal bewahrheitet, daß diese Entwickler keine mausgrauen Stubenhocker sind, sondern einfach kreative Menschen, die mitten im Leben stehen und die OS/2 Programmierung in der Hauptsache als reines Privatvergnügen betreiben.
Unterm Strich bleibt somit eine überwiegend positive Impression der Warpstock. Man kann sich ruhig mit gewissem Stolz sagen, etwas geschafft zu haben, doch Zeit zum Zurücklehnen bleibt kaum. Schon Mitte November wird ein Treffen der im Dachverband organisierten Teams in Köln stattfinden, auf welchem Bilanz aus der Warpstock Europa 2000 gezogen werden wird, wo aber auch schon die Veranstaltung im kommenden Jahr thematisiert werden wird. Bleibt nur zu hoffen, daß die einzelnen Ortsvereine dafür mehr zu tun bereit sind, als es in diesem Jahr der Fall war und auch die Mithilfe aus dem Ausland kann in jedem Fall gebraucht werden. Mit Kim Haverblad wurde im kleinen Kreis schon etwas in diese Richtung angedacht und ich persönlich fand seine Ansichten und Visionen sehr überzeugend. Es wird also wieder spannend werden, da bin ich mir sicher.
Ich wünsche mir nur, daß die Vorbereitungen für die Warpstock 2001 deutlich reibungsloser über die Bühne gehen, als in diesem Jahr. Um die Vision von der Veranstaltung von Usern für User aufrecht zu erhalten, ist jedoch viel Hilfe vonnöten. Wir können nicht alles in Eigenarbeit schaffen, teils fehlen uns auch schlicht die Ideen. Wir können nur jeden, der sich in irgendeiner Form bei der Warpstock einbringen möchte, inständig bitten, dies zu tun. Es soll nur besser werden, nicht schlechter.
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