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OS2News.com - Immer auf dem neuesten Stand
Ein Interview mit Roderick Klein

von Christian Hennecke, © Juli 2006

Christian HenneckeChristian Hennecke ist Chefredakteur des VOICE Newsletter. Von Hause aus eigentlich Geograph betreibt er ein Unternehmen für IT-Consulting und Service.

OS/2 hat einen neuen Nachrichtendienst, OS2News.com. Christian Hennecke sprach mit dem Initiator Roderick Klein über Gründe, Unterschiede zu anderen Diensten, technische Hintergründe und Motive.

VOICE:

Warum noch eine neue Quelle für OS/2-bezogene Nachrichten?

Roderick Klein:

Um den Lesern zuerst klar zu machen, worum es bei OS2news.com / eComStationNews.com (dieselbe Web-Site) geht: Es ist keine Web-Site für Endanwender.

Als Angestellter von Mensys arbeite ich an vielen Projekten — vielleicht etwas zu vielen. Uns ist aufgefallen, daß es schwierig ist, möglichst viele Personen zu erreichen, wenn ein neues Produkt vorliegt und wir es ankündigen wollen. Verstehen Sie es nicht als Kritik an den anderen Nachrichtendiensten, aber jeder Nachrichtendienst hat ein eigenes, loyales Publikum. Es liegt an den Betreibern dieser Dienste, Nachrichten aufzunehmen und sie zu verbreiten.

Ich arbeite nun seit fünf Jahren für Mensys, beschäftige mich aber auch außerhalb der Arbeitszeit viel mit Dingen, die OS/2-Bezug haben. Ich bin der Ansicht, daß viele Projekte auf freiwilliger Basis eingestellt worden sind, weil sie nicht genug Personen bekannt waren.

Nehmen wir zum Beispiel die Besucher von Warpstock. Viele davon haben nur zufällig davon gehört! Und das aus dem einfachen Grund, daß OS/2-Web-Sites nicht täglich gelesen werden! Ich mag das tun, sowie andere auch z.B. die Freiwilligen bei VOICE, aber andere tun es nicht.

Ein gutes Beispiel war auch meine Organisation eines SpeakUps zu DFSee für VOICE im IRC. Die Teilnehmenden konnten dem Autor Jan van Wijk Fragen stellen. Ich hatte über verschiedene Nachrichtendienste mehrere Mitteilungen veröffentlicht. Es gab zwei SpeakUps, eines davon war zeitlich auf Australien zugeschnitten. Sieben Personen kamen, weil Ed Durrant in der Mailingliste einer lokalen Anwendervereinigung eine Meldung herumschickte. Nur aufgrund dieser Meldung sind die meisten gekommen.

Zwischen den verschiedenen Ländern dieser Welt sind weitere Gräben vorhanden. Rußland, Japan, China, Südamerika, sogar zwischen Deutschland und dem Rest Europas (in Deutschland befinden sich viele aktive OS/2-Anwender).

Diese Einführung soll nur verdeutlichen, in welch einem Schlamassel wir uns befinden! Und es ist ein riesiger Schlamassel!

Das Problem ist, daß die OS/2-Gemeinschaft schrumpft, viele Anwender und Entwickler sich aber irgendwo dort draußen auf unserem Planeten "verstecken". Mensys hat täglich neue Kunden, die ein Upgrade von Warp 4 auf eComStation kaufen! Die meisten davon sind wirkliche Neukunden. Den Anmerkungen nach zu urteilen, die hinterlassen werden, um die eComStation Demo-CD herunterladen zu können, scheinen sie froh zu sein, die eComStation gefunden zu haben.

Was aber kann die Gemeinschaft hieraus lernen? Die OS/2-Gemeinschaft muß sich selbst unterstützen!

VOICE:

Können Sie erläutern, worum es sich bei OS2News.com eigentlich handelt? Worin unterscheidet es sich von anderen Nachrichtendiensten? Sie haben eben erwähnt, daß es sich nicht um eine Seite für Endanwender handelt. Das heißt, daß man dort nicht einfach einen news feed abonnieren kann, richtig?

Roderick Klein:

Im wesentlichen ist eComStationNews.com als eine Presseagentur wie Reuters ausgelegt. Anwender und Firmen können Nachrichten einsenden, aber nicht lesen. Es handelt sich um ein Vertriebszentrum.

Wie es funktioniert? Auf der Meldeseite gibt man eine Nachricht ein [die dann in der Eingangstabelle abgespeichert wird und der Zulassung harrt]. Was das System interessant macht, sind die Verfahren im Hintergrund und das Design. Sämtliche Nachrichten werden in der Datenbank gespeichert und können von Web-Site-Betreibern (mit Benutzerkennung und Kennwort) über RSS oder HTML übernommen werden. Sie können auch automatisch aus der Genehmigungstabelle importiert werden. Jeder der beim Nachrichtendienst mitarbeitet (Freiwillige mit Benutzername und Kennwort) kann Nachrichten genehmigen.

VOICE:

Warum bieten Sie den RSS-News-Feed nicht auch Endanwendern an?

Roderick Klein:

Nachrichten, die mindestens eine Woche alt sind, können abgerufen werden. Wir haben uns dazu entschlossen, weil manche [Betreiber von Nachrichtendiensten] befürchteten, daß ihre Abonnenten ihre Web-Site nicht mehr besuchen und statt dessen direkt eComStationNews.com nutzen würden. Man mag dies lesen und fragen, "Was, wenn alle Web-Sites dieselben Nachrichten anbieten?" Robert und ich haben diesbezüglich eine wirklich einfache und direkte Meinung. Wenn wir so weitermachen wie bisher, verlieren wir weitere Entwickler, die nicht genug Endanwender erreichen und das Interesse an OS/2 verlieren. Das gleiche gilt für Endanwender, die die Plattform für tot halten. Und die meisten Endanwender lesen eh nur eine Web-Site. Insgesamt kann also jeder von dem Nachrichtensystem profitieren! Endanwender können mehr erfahren und andere Personen kennenlernen, Entwickler erhalten mehr Rückmeldung und die Gemeinschaft wird lebendiger!

VOICE:

Können Sie ein detaillierteres Bild der Interna zeichnen?

Roderick Klein:

Es ist so ausgelegt, daß alle Freiwilligen alle Meldungen sehen können. Dies war von Anfang an so gedacht. Wird eine Nachricht genehmigt, wird sie einfach [aus der Eingangstabelle] in die Genehmigungstabelle der Datenbank verschoben. Dies ist über ein Menü möglich. Das interessanteste an diesem System ist die Unterstützung für mehrere Sprachen. Derzeit sind es Niederländisch, Englisch und Deutsch. Aber wir können und wollen weitere Sprachen hinzufügen! Beispielsweise Chinesisch und Japanisch. Freiwillige, die Nachrichten genehmigen, können dann auch beispielsweise eine Nachricht vom Japanischen ins Englische übersetzen! Anschließend kann eine Übersetzung in andere Sprachen durchgeführt werden.

VOICE:

Web-Sites, die Nachrichten über Ihren Dienst beziehen, könnte es vor Schwierigkeiten stellen, wenn Nachrichten über ihren eigenen Mechanismus gemeldet werden. Dies könnte nicht nur zu Mehrfacheinträgen mit dem entsprechenden Administrationsaufwand führen, es würde außerdem eine Weiterleitung der über den eigenen Mechanismus gemeldeten Nachrichten an OS2News.com erfordern. Wie haben Sie das gelöst?

Roderick Klein:

Die Lösung zur Vermeidung von Mehrfacheinträgen besteht darin, daß alle Web-Sites ihre Meldemöglichkeiten auf unsere Meldeseite umleiten.

VOICE:

Wie werden Archivierung und Suche nach Nachrichten gehandhabt? Von OS2News.com? Oder sind die Web-Sites jeweils dafür verantwortlich?

Roderick Klein:

Dies ist die Entscheidung der Web-Sites. Beispielsweise importiert OS2.org die Nachrichten und speichert sie [lokal]. Wir bieten auch eine Suchfunktion. Hier bieten die anderen Web-Sites [für Nachrichten] jedoch einen Mehrwert: Ihr Interface (Erscheinungsbild und Funktionen) oder Foren zur Diskussion der Nachrichten. Darüber hinaus sind die Web-Sites sprachspezifisch!

VOICE:

Dies scheint eine gute Herangehensweise zu sein. So werden Nutzer nicht von anderen Web-Sites abgezogen.

Roderick Klein:

Wie schon gesagt sind wir eigentlich eine Presseagentur, die lokale "Zeitungen" bedient.

VOICE:

Meines Wissens läuft OS2News.com auf einem eCS-Rechner.

Roderick Klein:

Das ist korrekt. Sämtliche Mensys-Server und -Workstations werden mit eComStation betrieben, weil unser über Jahre entwickeltes Handelssystem darunter läuft.

VOICE:

Durch bisherige Erfahrungen, besonders bei OS2.org, steht OS/2 in dem Ruf, daß Apache/MySQL/PHP sich damit nicht gut betreiben lassen. Ich nehme an, daß Sie für die Site eine Art CMS oder selbstgeschriebene Skripte verwenden. Hat es damit bisher irgendwelche Probleme gegeben?

Roderick Klein:

Nein. Wir hosten auch die Web-Site OS/2 Warp Compatible Hardware List, die MySQL einsetzt. Damit gibt es keine Probleme. Die meisten anderen Web-Sites, die wir betreiben, nutzen MySQL.

VOICE:

Wer ist für die Einrichtung des Dienstes verantwortlich gewesen? Und wer beteiligt sich bereits daran?

Roderick Klein:

2004 besuchte Robert Henschel Mensys, und wenn zwei zusammensitzen, unterhält man sich irgendwann auch über andere Dinge mit OS/2-Bezug. Ich begann damit, ein paar Dinge auf eine Tafel zu zeichnen und zu erklären, was ich im Sinn hatte. Ein großer Teil des Quelltextes für eComStationNews.com stammt von Robert Henschel. Joachim Benjamins von Mensys hat ebenfalls viel beigesteuert. Seit ein paar Monaten wird der Dienst von der Web-Site der OS/2 User Group Dresden genutzt. Auch OS2.org erhält seinen News-Feed über unser System.

VOICE:

Soweit mir bekannt ist fing alles damit an, daß Robert Henschel die Nachrichten der VOICE News Mailingliste in das System einspeiste. Gab es eine enge Zusammenarbeit mit Mark Dodel, dem Moderator der Liste, oder Ken Kirchner, dem VOICE-Systemadministrator?

Roderick Klein:

Das ist einer der Punkte auf der Tagesordnung, den wir wieder aufnehmen müssen. Allerdings steht darauf schon eine Menge. Wir haben dazu einiges besprochen, aber von unserer Seite ging es aus Zeitmangel nicht viel weiter. Nun, da das Nachrichtensystem vor einem Monat fertiggestellt wurde, werden wir jedoch mit vielen über dessen Einsatz sprechen.

VOICE:

Nun, VOICE könnte seine Meldeseite zu OS2News.com umleiten und im Gegenzug den News-Feed von OS2News.com in die Mailingliste einspeisen.

Roderick Klein:

Ja, so ist es gedacht.

VOICE:

Haben Sie ausreichend Freiwillige für die vorhandenen Sprachen?

Roderick Klein:

Derzeit haben wir genug Freiwillige. Aber je mehr, desto besser. Es sind bereits Bedenken aufgekommen, daß dieses System für Zensur anfällig sein könnte. Daher gilt: Je mehr Personen sich freiwillig melden, desto besser! Aus dem selben Grunde gibt es die Eingangs- und die Genehmigungstabelle!

VOICE:

Sie haben das Meldeformular angesprochen. Ich habe alle Web-Sites besucht, die das System nutzen. Bisher leitet keine davon auf eComStationNews.com um. Desweiteren erwähnt auch keine, daß die Nachrichten von dort stammen.

Roderick Klein:

Das ist korrekt! Dem Abhilfe zu schaffen, steht auf unserer Liste. Es gibt eine interne Web-Seite, die von den meisten Administratoren der großen Web-Sites frequentiert wird. Und wir beantworten gern Fragen und bieten technische Unterstützung, damit Nachrichten aus unserem System importiert werden können.

Der Gedanke ist, daß die Web-Administratoren mit steigender Anzahl der den News-Feed beziehenden Sites mehr Zeit zur Verfügung steht, an unserem System mitzuarbeiten.

VOICE:

Gibt es irgendeine Vereinbarung, der neue Abonnenten zustimmen müssen, wenn Sie teilnehmen wollen? Wie etwa die Verpflichtung, auf das Meldeformular zurückzuverweisen? Oder bei der Verwaltung der Nachrichten über die zentrale Site zu helfen?

Roderick Klein:

Da es sich um ein gemeinschaftsbasiertes System handelt, wollen wir Papierkram vermeiden! Im täglichen Leben gibt es schon genug davon. (lacht) Wir vertrauen darauf, daß die Notwendigkeit dieses Systems eingesehen wird, und hoffen, daß erkannt wird, daß langfristig alle damit Zeit sparen. Es ist eine Vertrauensangelegenheit. Viele Projekte verwenden Vereinarungen auf mündlicher oder elektronischer Basis. Wir erwarten, daß unserer Bitte nach Verwendung des Links nachgekommen wird, wenn wir auch bei der Lösung von Problemen mit dem Importieren von Nachrichten helfen.

VOICE:

Wurden gemeinsam Richtlinien für die Genehmigung von Nachrichten erstellt? WarpCast hatte beispielsweise recht strenge Erfordernisse.

Roderick Klein:

Wir führen keine Zensur durch! Würde Tim Martin melden, daß er neue Mitglieder für Warpcity sucht, würden wir das akzeptieren.

Je mehr sich an der Genehmigung von Nachrichten beteiligen, desto glaubwürdiger wird das Nachrichtensystem. Es ist Sache der Web-Site-Administratoren, was sie [für ihre Angebote] genehmigen. Jeder, der Nachrichten übersetzt, kann sie genehmigen. Anschließend befinden sie sich in der Genehmigungstabelle. Beim Importieren von Nachrichten wird sie standardmäßig verwendet. Es kann auch aus der Tabelle mit abgelehnten Einträgen importiert werden, aber wir empfehlen, dies nicht zu tun, da sich in solchen Quellen auch Spammer tummeln...

VOICE:

Das ist natürlich ein Unterschied zu Nachrichten, die z.B. jemand anderen diskreditieren.

Roderick Klein:

Nun, unser Nachrichtensystem würde seine Glaubwürdigkeit verlieren, wenn wir Nachrichten unter den Tisch fallen ließen. Das System muß unabhängig laufen. Mensys hostet es, ist aber nicht in die Pflege involviert (abgesehen von Backups usw.). Die Nachrichten werden von anderen Freiwilligen bearbeitet. Und je mehr dabei mitmachen, desto höher ist der Grad der Selbstkontrolle. Was mit Nachrichten geschieht, hängt von denen ab, die Genehmigungen erteilen, sowie den Administratoren der Web-Sites.

VOICE:

Ihre Erwähnung von Mensys läßt eine weitere Frage aufkommen. Sie haben bereits das Thema Zensur angesprochen. Wenn es nur eine Quelle für Nachrichten gibt, kann dies die Herrschaft über Informationen bedeuten. Ein heißes Eisen, insbesondere da Mensys, der Hauptvertrieb und Entwickler von eCS, den Server betreibt.

Roderick Klein:

Das stimmt. Wenn jemand Verbesserungsvorschläge hat, hören wir sie uns gern an.

VOICE:

Ich könnte mir vorstellen, daß es hilfreich wäre, darauf hinzuweisen, daß Personen anderer, nichtkommerzieller Organisationen beteiligt sind.

Roderick Klein:

Mit einer Liste von Personen, welche die Nachrichten bearbeiten?

VOICE:

Etwas in der Art, ja.

Roderick Klein:

Ich werde den Vorschlag an Joachim und Robert Henschel weiterleiten.

VOICE:

Auch wenn Mensys nicht die Weltherrschaft übernehmen möchte, werden sich viele nach dem Warum fragen. Mensys ist ein Unternehmen, keine Wohltätigkeitsorganisation.

Roderick Klein:

Menschen wie Joachim und ich haben ihr Hobby zum Beruf gemacht. Ich habe 2003 WarpWeekend organisiert und bin nun mit Warpstock Europa 2006 beschäftigt! Die Sache ist die, daß unsere Belegschaft auch außerhalb der Arbeitszeit etwas für OS/2 tut. Manchmal etwas zu viel.

VOICE:

Nun, die eingefleischten Skeptiker werden sich an Gründe halten, die Sie bereits erwähnt haben: Es wäre für Mensys einfacher, Informationen über eCS zu verbreiten, was mehr Kunden bedeuten könnte und daher würde eCS länger existieren können.

Roderick Klein:

Ich will es einmal direkt sagen. Es gibt dort draußen OS/2-Gemeinschaften, die aufgrund der Schwächen der Gemeinschaft kleiner werden. Die Leute gehen weg, und das war's dann! Wir müssen uns wirklich zusammentun und miteinander kommunizieren. Wir können entweder weiter auf unseren Inseln vor uns hin leben oder neue Entwickler und Projekte kennenlernen und mehr von unserem Betriebssystem haben.

Und wenn es Zweifel bezüglich des Engagements von Mensys-Mitarbeitern gibt, beantworte ich gern alle Fragen. Wir werden uns alle erdenkliche Mühe geben, die Dinge transparent zu gestalten. Wenn es dann immer noch Bedenken gibt, kann ich nur sagen: "Pech!" [Anders gesagt:] Frag nicht, was OS/2 für Dich tun kann, frag, was Du für OS/2 tun kannst!

Wie auch immer, wir freuen uns darauf, allen OS/2-Web-Sites beim Einstieg in dieses Nachrichtensystem zu helfen und hoffen, daß es für unsere kleine Gemeinschaft einen wirklichen Unterschied machen wird. Ein Entwickler verschickt eine einzige Nachricht und sie kann innerhalb weniger Tage in viel mehr Sprachen an viel mehr Web-Sites verteilt werden! Wir können den News-Feed dann auch Web-Sites außerhalb der OS/2-Community anbieten!

VOICE:

Das hört sich nach einem guten Schlußwort an. Vielen Dank für das Gespräch.

Korrektur: Kai Wuttke
Daten und Quellen

os2news.com: http://www.os2news.com
OS/2 User Group Dresden: http://warp5.dyndns.org:8080/OS2Dresden/
OS2.org: http://en.os2.org