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August 2001
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Von Thomas Klein © August 2001 |
Also mal ehrlich: Würden Sie ein Programm verwenden, das ausschließlich
dafür konzipiert wurde, Ihren Prozessor zu erhitzen? Wahrscheinlich
nicht - lassen Sie mich Ihnen trotzdem sagen, wozu man so etwas braucht;
es handelt sich um einen Bestandteil des Programms ThermoProtect, daß
ich Ihnen heute "wärmstens" ;) ans Herz legen möchte.
In der letzten Ausgabe des VOICE Newsletters hatte uns Christian das
Programm StHwMon vorgestellt, mit dem sich die diversen Sensoren moderner
Mainboards unter OS/2 überwachen lassen. Sein Bericht rief in mir
die Erinnerung an eine kleine Anekdote zu ThermoProtect wach - und führte
letztendlich dazu, daß ich es hier heute nochmals vorstellen möchte,
denn eigentlich ist es schon ein "alter Bekannter" in der OS/2-Gemeinde.
ThermoProtect ist ein Systemüberwachungsprogramm, welches auf Hardwaremonitor-Chipsätze vom Typ WinBond oder LM78/79 bzw. kompatible ausgelegt wurde. Leider lässt sich daraus nicht direkt auf einen Mainboard-Chipsatz schließen. Grob gesagt sollte es mit machen SiS- und VIA-Chipsätzen funktionieren, ebenso mit den meisten Ali Aladdin Chipsätzen. Es hängt eben davon ab, welcher Monitorchipsatz auf dem jeweiligen Mainboard zum Einsatz kommt. Probieren Sie's aus - schlimmstenfalls passiert gar nichts.
Im Kern ist ThermoProtect ein reines Textmodus-Programm. In seinem Auslieferungszustand ist es so eingestellt, daß alle unterstützten Meßwerte in einem - zugegeben - spartanischen Bildschirm angezeigt und alle 1,6 Sekunden aktualisiert werden. Neben den bis zu drei Lüftern (zu denen jeweils die Umdrehungszahl ausgegeben wird), werden zwei Temperaturwerte (CPU und Board) sowie die verschiedenen Spannungspegel eines Mainboards bzw. Schaltnetzteils ausgewertet (cpu Kernspannung, e/a-Spannung, 3,3V, 12v, 5v, -12v, -5v). Es wird außerdem noch ein Gehäusesensor unterstützt, der das Öffnen des PC-Gehäuses meldet.
Manche Mainboards verfügen nicht über die volle Anzahl an
Sensoren, die vom verwendeten Monitorchip unterstützt werden. Auch
haben wohl die meisten Anwender kein Gehäuse mit "Eindringlingswarnung",
die bei Öffnen des Gehäuses ausgelöst wird. In solchen Fällen
meldet ThermoProtect einen Minimalwert oder einen Initialzustand - der
obigen Abbildung können Sie z.B. entnehmen, daß mein Asus P5A
"nur" zwei Temperatursensoren hat und daß ich lediglich einen Lüfter
betreibe, der Informationen zu seiner Umdrehungsgeschwindigkeit ausgibt
- nämlich den auf der K6-2/450 CPU. Pfui. Schande über mich ;)
Persönlich finde ich die dritte unterstützte Ausgabeart jedoch
am interessantesten: Named pipe(s).
ThermoProtect stellt jeden einzelnen Meßwert als eigene named
pipe zur Verfügung - für die Temperaturwerte sogar separat jeweils
in Celsius und Fahrenheit. Das "coole" an named pipes ist, daß sie
- wenn Sie so wollen - eine Art von systemweiter Variable darstellen. Mittels
des ihnen zugeordneten Namens können die Inhalte von allen erdenklichen
Anwendungen verwendet werden - zum Beispiel auch in einem REXX-Script.
Wenn Sie also das XCenter verwenden, könnten Sie theoretisch mit Hilfe
der REXX Gauge (im Lieferumfang der "Widget Library" enthalten) eine Ausgabefunktionalität
erreichen, die der von StHwMon entspricht.
Ich sage hier bewußt "theoretisch", denn ich habe es nicht geschafft,
mit REXX auf die named pipes zuzugreifen. Das wird aber wahrscheinlich
eher an mir als an ThermoProtect liegen, denn zum einen bin ich ein absoluter
REXX-Laie, zum anderen arbeiten die named pipes hervorragend mit Dmitry
I. Platonoff's Sysbar/2 zusammen. Dieses Tool aus der Vor-XCenter-Zeit
ist sozusagen eine Sammlung von "Anzeigezellen", mit denen die unterschiedlichsten
Systemwerte als frei konfigurierbare Anzeigeleiste auf den OS/2-Desktop
gebracht werden können. Neben den Standardwerten wie CPU-Auslastung
werden hier z.B. auch IP-Traffic, SETI-Status, der "kleinste" mir bekannte
CD-Player und eben beliebige named-pipes unterstützt. Und damit
Sie nicht noch zusätzlich ein weiteres Programm downloaden müssen,
haben sich die beide Freewareautoren darauf geeinigt, daß ein entsprechend
vorkonfiguriertes und betriebsbereites Sysbar/2 mit ThermoProtect geliefert
wird. Damit sieht die Ausgabe von ThermoProtect dann so aus...:
Allerdings reicht es nicht, lediglich das mitgelieferte sb2_pipe.exe zu starten: Vorher muß noch ThermoProtect's Ausgabemodus von "Bildschirm" auf "named pipe" umgestellt werden. Da ThermoProtect (wie bereits erwähnt) ausschließlich mittels einer Konfigurationsdatei bedient wird, müssen Sie also den entsprechenden Eintrag darin ändern, indem Sie sich nun entweder an den Editor Ihres Vertrauens wenden oder einfach das hierfür mitgelieferte Konfigurationsprogramm aufrufen, wenn Ihnen die Sache mit dem Editor zu umständlich ist:
Danach können Sie dann noch ein wenig an den Einstellungen von Sysbar/2 herumtüfteln. Beispielsweise ist Sysbar/2 so konzipiert, daß es sich auch prima über das WarpCenter legen lässt. Ich habe dann noch die Anzeige auf die für mich interessanten Werte beschränkt - und schon sieht das ganze so aus:
Prima. Jetzt liegt Ihnen also quasi die komplette "Biometrie" Ihrer sensiblen Hardware zu Füßen. Das ist zwar ganz nett, aber sicherlich möchten Sie die nicht permanent selbst überwachen wollen, oder? ThermoProtect bietet hier die Möglichkeit, bestimmte Schwellwerte zu definieren, bei deren Über- bzw. Unterschreitung eine entsprechende akustische Warnmeldung ausgegeben wird. Zusätzlich wird noch ein separates "ThermoAlarm"-Kennzeichen von "falsch" auf "wahr" gesetzt, sobald für einen der Werte eine Warnmeldung eintritt. Auch für dieses Kennzeichen existiert eine eigene named pipe. Da Sysbar/2 die Möglichkeit bietet, pro Zelle bei Veränderung des darin angezeigten Wertes ein beliebiges Kommando bzw. Programm zu starten, liegt es also nahe, die named pipe des Alarmkennzeichens zu überwachen.
Der Autor weist hier aber auch darauf hin, daß man diese Grenzwerte
nicht zu "eng" definieren sollte, da die Meßwerte in Ihren Spitzen
aufgrund von Varianzen in der Serienfertigung der Sensorchips schwanken
können. Außerdem variiert je nach Mainboardhersteller z.B. der
Abstand zwischen dem Temperatursensor und der CPU, so daß der gleiche
Sensorchip bei gleicher CPU-Temperatur dennoch unterschiedliche Werte ausspuckt,
weil er auf unterschiedliche Boards gelötet wurde...
An dieser Stelle atmen wir tief durch, legen Mikroskop, Schiebelehre
und Lötkolben wieder zur Seite und verlassen die Gruft der elektrotechnischen
Grundlagen. Zurück zur Anwendung:
Alle Schwellwerte werden ebenfalls in der Konfigurationsdatei eingetragen.
Für die Lüfter ist das eine Angabe in Umdrehungen pro minute
(rpm). Für die Spannungspegel gibt es keine Warnfunktion (wahrscheinlich
käme die eh' zu spät, nehme ich an...). Bei den Temperaturmessungen
allerdings gibt es wieder Schwellwerte: Sowohl nach oben als auch nach
unten.
Wie Bitte? Nach unten?
Korrekt: ThermoProtect kann auch Alarm schlagen, wenn die CPU zu kühl
wird... womit wir bei der Beantwortung meiner einleitenden Frage angekommen
wären (und besagter kleinen Anekdote):
Natürlich werden Sie jetzt sagen: Na und - ist doch klasse! Kälte
schadet einer CPU nicht - und Sie haben Recht... Kälte schadet nicht
- aber Wasser schon:
Irgendwann funktioniert die Internetverbindung wieder und der SETI-Client
liefert sein Päckchen ab. Er bekommt postwendend ein neues und fängt
fröhlich zu analysieren an... mit dem Effekt, daß die CPU-Temperatur
jetzt wieder steigt... und die an den Kühlrippen des Peltierkühlers
zwischenzeitlich gefrorene Luftfeuchtigkeit sich sich in Form von Wasser
verabschiedet - und mit ihr gleich das ganze Board.
Tja, wenn Sie mich fragen, ist das definitiv die "coolste" Art, ein
Mainboard zu entsorgen... ;)
Aber im Ernst - ich male hier kein theoretisches Horrorszenario - es
ist wahr: Genauso hat es sich bei David Wei ereignet. Als Konsequenz aus
dem Debakel hat er eine weitere Funktion in ThermoProtect eingebaut: Bei
Unterschreitung der Mindesttemperatur wird ein separater Thread gestartet,
der so lange Fließkommaoperationen durch den Prozessor prügelt,
bis diese wieder erreicht ist.
Was bleibt als Fazit? Mit ThermoProtect steht Ihnen ein sehr flexibles Hilfsprogramm zur Verfügung, das die Ressourcen Ihres Systems nur minimal beansprucht. Mit den mitgelieferten Tools lässt sich fast jeder denkbare Einsatz realisieren - zumindest stehen einem alle Mittel dafür zur Verfügung. Wenn nun noch jemand dem Entwickler die entsprechenden technischen Tips gibt, könnten auch die neuen Chipsätze unterstützt werden - und dann wäre ThermoProtect auf jeden Fall ein "cooles" Programm... also: Passen Sie auf, daß ihr kühler Kopf nicht zu kalt wird... ;)
Quellenverzeichnis:
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