Virtual OS/2 International Consumer Education
VOICE Homepage: http://de.os2voice.org
Februar 2003

[Inhaltsverzeichnis]
[Vorherige Seite] [Nächste Seite]
[Artikelverzeichnis]

editor@os2voice.org


Das beste OS/2 aller Zeiten - eine persönliche Sicht der Dinge

Ein Gasteditorial von Manfred Agne.

Die jüngsten Verlautbarungen der IBM bezüglich der Zukuft von OS/2 haben in der Community einige Unruhe verursacht, und einige User könnten der Meinung sein, jetzt sei es an der Zeit, sich nach Alternativen umzusehen. Ich sehe das etwas anders, und ich möchte Ihnen sagen, warum:

Ich habe 1992 begonnen, OS/2 zu verwenden, kurz nachdem die Version 2.0 herauskam. Damals gab es nur ein paar wenige native Anwendungen, aber die paar DOS-Anwendungen, die ich besaß, liefen wunderbar unter OS/2. Aber der Grund, weshalb ich OS/2 verwendete, war, daß es ein lineares Speichermodell verwendete und daß ich als Programmierer einfach ein, zwei, oder drei Megabyte Speicher am Stück allozieren und damit arbeiten konnte, ohne mir Sorgen um die 64kB-Segmentierung von DOS machen zu müssen. Ich besorgte mir damals OS/2 und etwas später IBM CSet/2 (das eine weitere Lizenz für OS/2 mitbrachte) und war im Geschäft. Ich genoß die Vorteile des neuen Betriebssystems sehr, angefangen mit der Möglichkeit des Multitaskings und dann nach und nach auch die subtileren Vorzüge der WPS.

Über die Jahre habe ich OS/2 Version 2.1, 2.11 und Warp 3.0 mitgemacht (Warp Connect habe ich ausgelassen), dann Warp 4 mit seinen vielfältigen Updates, und schließlich eComStation. Ich habe den 486DX33 so weit aufgerüstet, wie es nur eben ging, dann einen speziell zusammengestellten Pentium-266-Rechner gekauft, und 2002 habe ich mir eine Athlon XP 1600+ Maschine geleistet, die ebenfalls speziell auf meine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Ich habe die kommerziellen Anwendungen gekauft, die ich benötige (StarOffice 3.x, Xact Versionen 3.6 bis 6.0, ImpOS/2 1.2 bis 2.1, Unite CD-Maker, TrueSpectra Photo>Graphics Pro, IBM Visual Age C++, Sibyl, VisPro Rexx, BackAgain, Gammatech Utilities, Quicktime für OS/2, Object Desktop), viele Sharewareprogramme registriert und eine ungezählte Anzahl von Freeware-Anwendungen installiert. Die Hardware, die ich in diesen zehn Jahren gekauft habe, war sorgfältig nach Ihrer Kompatibilität mit OS/2 ausgesucht, und trotz einiger gelegentlicher Installationsprobleme hat sie immer zuverlässig gearbeitet und tut es immer noch. An meinen Haupt-Rechner habe ich derzeit einen DCF77-Zeitempfänger (1995 gekauft), einen Flachbett-Scanner (1999), einen Dia-Scanner (2000), einen externen Modem, der auch als Standalone-Faxempfänger und Anrufbeantworter funktioniert (1997), eine ISDN-Telephonanlage mit integriertem Router, ISDN-Modem und DSL-Option (2002), den Cradle für meinen Palmtop (2002) und eine aktuelle Digitalkamera (2002) angeschlossen. Dasselbe System hat eine TV-Tunerkarte mit integriertem Radio (1998), Soundkarte, SCSI-Adapter, eine zusätzliche RS232-Schnittstellenkarte, und eine Netzwerkkarte. Natürlich habe ich auch ein CD-RW-Laufwerk und ein DVD-ROM, und dann gibt es noch ein SCSI-MO-Laufwerk. Die ganze Hardware wird unter eComStation vollständig unterstützt, und ich habe keine Zweifel, daß sie auch unter der nächsten Version von eCS weiterhin laufen wird.

OS/2 hat mir eine Kontinuität gegeben, die mit jedem anderen mir bekannten Betriebssystem undenkbar gewesen wäre. Warp 4 FP15 läuft immer noch auf dem gleichen alten 486er-PC, den ich vor zehn Jahren gekauft habe (auf 32 MB RAM aufgerüstet und mit einer Netzwerkkarte und einer zusätzlichen 10GB-Festplatte ausgestattet), und diese Maschine ist in unserem Heimnetzwerk als Datei- und Druckserver immer noch nützlich. eComStation würde auf der Maschine auch laufen, wenn nicht nur eine Lizenz hätte, die ich für meinen Hauptrechner brauche, und wenn all die schönen Oberflächenspielereien auf einem System, das fast immer ohne Monitor läuft, nicht gänzlich überflüssig wären. Die Spea V7 Mirage Grafikkarte, die ich für OS/2 2.1 gekauft habe, läuft unter Warp 4 FP 15 noch genauso gut, und das gleiche gilt für die Pro Audio Spectrum 16 Soundkarte des gleichen Jahrganges.

Die alten Anwendungen gibt es immer noch, sie laufen weiterhin, und einige davon sind inzwischen sogar kostenlos erhältlich. Und jeden Tag erscheint neue Software. Das Eingangsverzeichnis von Hobbes ist niemals leer, und es wird immer noch interessante kommerzielle und nicht-kommerzielle Software geschrieben. VirtualPC bietet eine ganze Welt an neuen Möglichkeiten. Odin wird immer besser, neue Treiber werden geschrieben, und alte Treiber werden aktualisiert. Aber am wichtigsten ist, daß all die neuen Sachen normalerweise vollständig kompatibel mit den existierenden Lösungen sind, zumindest wenn sie sie nicht vollständig ersetzen. Auf diese Art und Weise erweitert jedes neue Modul die Fähigkeiten des Systems. Dank seiner Kompatibilität wird OS/2 immer besser. Daher meine Theorie: Meine derzeitige Installation von eComStation ist "Das beste OS/2, das ich jemals hatte". Außer DVD-Playback (WarpVision ist noch nicht wirklich fertig, aber es verbessert sich mit jeder neuen Version) tut mein Rechner alles, was ich von ihm erwarte, und er tut es unter OS/2. Und er wird immer besser! Selbst wenn jetzt, in diesem Augenblick, jegliche weitere Entwicklung von OS/2-kompatibler Software stoppen würde, könnte ich immer noch mein System erweitern. Es gibt da draußen tausende OS/2-kompatible Programme, die ich bisher noch nicht einmal ausprobieren konnte. Wenn ich für mein System "neue" Hardware benötige und der aktuelle Kram mit OS/2 nicht kompatibel ist, dann habe ich immer noch die Möglichkeit, eine der Online-Auktionen aufzusuchen und gebrauchte Hardware zu kaufen. Da kann ich mir dann eine erwiesenermaßen funktionierende Lösung mit zuverlässigen Treibern für meistens einen sehr günstigen Preis aussuchen.

Wo sind die Grenzen?

Nun ja, ich sehe ein paar Grenzen: Erstens kann Hardware kaputtgehen, und früher oder später kann es schwierig werden, selbst gebrauchte Hardware zu bekommen. Deshalb kann es irgendwann schwierig werden, ein in die Brüche gegangenes System wieder ans Laufen zu bekommen. Glücklicherweise kommt uns hier VirtualPC zur Hilfe, denn es erlaubt es, OS/2 in einer standardisierten virtuellen Hardwareumgebung als Gast auf einem anderen System laufen zu lassen. Die virtuelle Hardwareumgebung wird derzeit (und, da sie unveränderlich ist, auch in der Zukunft) von OS/2 unterstützt.

Zweitens Drucker. Wenn die Treiberentwicklung irgendwann beendet wird (wann immer das sein wird), sind wir in der Wahl unsere Drucker eingeschränkt. Und Drucker brauchen Verbrauchsgüter, wie etwa Druckerpartronen usw. Es ist unausweichlich, daß eines Tages die letzte Druckerpartone für einen von OS/2 unterstützten Drucker produziert , verkauft, und aufgebraucht worden ist, und danach kann es unmöglich sein, direkt aus OS/2 heraus zu drucken. Niemand weiß derzeit, wie weit in der Zukunft dieser Punkt liegt, aber da es immer noch neue unterstützte Drucker gibt, müssen es viele Jahre sein. Wie dem auch sei, nach diesem Tag gibt es wahrscheinlich immer noch die Möglichkeit, auf einen virtuellen Postscript-Drucker zu drucken, den Output an einen anderen Rechner mit einem anderen Betriebssystem zu schicken, und von dort aus zu drucken.

Drittens Kommunikationsprotokolle. Meiner Meinung nach ist ein Betriebssystem, das nicht mit anderen Systemen kommunizieren kann, nur von sehr eingeschränktem Wert. Mit WinXP hat Microsoft wieder einmal bewiesen, daß man die Kompatibilität zu bestehenden Systemen zerstören kann, wenn man sich nur genug bemüht, und es ist wahrscheinlich, daß ähnliches noch öfter passiert. Trotzdem haben wir immer noch TCP/IP als Möglichkeit, und das wird schwer zu ändern sein. Ich bin mit IP Version 6 nicht vertraut, aber es sieht so aus, als sei es vollständig abwärtskompatibel. Ich würde einmal annehmen, daß es, selbst wenn das ganze Netz auf ein Protokoll umgestellt würde, welches inkompatibel mit den derzeitigen Kommunikationsstacks wäre, mit Sicherheit Hardware-Router geben würde, welche die Umsetzung zwischen alten und neuen Protokollen ermöglichen würden.

Viertens Dateiformate. Ich glaube, das ist der Punkt, wo OS/2 am verletzlichsten ist. In der Tat scheint das der Punkt zu sein, an dem wir in der Vergangenheit die meisten User verloren haben. In einer Welt, in der fast jede neue Version einer Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Grafikanwendung, oder irgend einer größeren anderen Anwendung ein neues Dateiformat zu benötigen scheint, hat es OS/2 schwer, mitzuhalten. Wahrscheinlich hat jeder Computernutzer (einschließlich der Windows-Lemminge) irgendwann einmal das Problem gehabt. Man bekommt von einem Freund, einem Kunden, vom Netz oder sonstwoher eine Datei, und keine der vorhandenene Anwendungen kann damit irgend etwas anfangen. Es gibt natürlich für einige Formate Lösungen, und immer mal wieder erscheinen neue Konvertierer. Leider gibt es anscheinend keine generelle Lösung für das Problem, zumindest noch nicht. Vielleicht benötigen wir eine Art "File Conversion Server", so etwas wie einen Proxy, der auf einem eigenen Rechner läuft, der zwischen das LAN und das Internet geschaltet ist und eingehende und ausgehende Dateitypen umwandelt. Natürlich sollte es einfach zu aktualisieren sein, etwa mit Plugins. Ich könnte mir vorstellen, daß das genau die Sache wäre, für die viele Firmen gerne viel Geld hinlegen würden. Hallo, ist da wer, der daraus ein Geschäft machen möchte? Sie können sich die Idee gerne zu eigen machen, und wenn Sie das zum Laufen bekommen, würde ich mich über eine kostenlose Lizenz für meinen persönlichen Gebrauch freuen. ;-) [Ein solches Produkt ist mit ViewItEasy bereits teilweise vorhanden. Eine kurze Beschreibung finden Sie in der Februar-Ausgabe des letzten Jahres. - Anm.d.Red.]

Es mag schwer sein, das Problem der Dateiformate für eingehende Dokumente zu lösen, aber für ausgehende Dokumente ist das normalerweise kein Thema. Praktisch alle OS/2-Programme schreiben mindestens ein Dateiformat, das von anderen Systemen verstanden wird. Deshalb ist OS/2 als Produktionssystem auch in der Zukunft weiterhin nützlich.

Und wohin dann?

Alles in allem sehe ich keinen Grund, weshalb ich in der näheren Zukunft aufhören sollte, OS/2 zu verwenden. Das System ist bereits jetzt so flexibel, daß es die nächsten paar Jahre nützlich sein wird, selbst wenn jetzt alle Unterstützung eingestellt würde. Aber die Entwicklung geht ja weiter! Serenity Systems ist dabei, die nächste Version von eComStation herauszubringen, SciTech fügt den Grafikkartentreibern immer neue Features hinzu, und VirtualPC ist eine Art Versicherung für die Zukunft. Nicht zuletzt ist die Untersttzung der User-Community einfach großartig, trotz der fortgesetzen Versuche der FUD4, die Community zu spalten. Ich habe diesen weg vor fast zehn Jahren betreten, und ich werde ihn weiter gehen, so weit er eben reicht. Wie Tolkien sagt:

Die Straße gleitet fort und fort,
Weg von der Tür, wo sie begann,
Weit überland, von Ort zu Ort,
Ich folge ihr, so gut ich kann.
Ihr lauf ich raschen Fußes nach,
Bis sie sich groß und breit verflicht
Mit Weg und Wagnis tausendfach.
Und wohin dann? Ich weiß es nicht.

Neues vom VOICE Newsletter: Unser Team braucht Verstärkung. Nach dem Hilfegesuch in der einer der letzten Ausgaben haben sich ein paar Personen gemeldet, aber es müssen noch mehr werden. Um helfen zu können, müssen Sie nicht unbedingt besonders gut übersetzen können oder HTML-Programmierer sein. Wenn Sie gute deutsche Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse besitzen, können Sie auch bei der Korrektur der Artikel helfen. Einige Hinweise zu den Übersetzungsaktivitäten finden Sie im FAQ.

Wir sind wie immer an Ihren Gedanken und Ansichten zu OS/2-bezogenen Themen interessiert und sehen genauso gerne Aufsätze wie Hardware- und Softwarebesprechungen oder Anleitungen. Wenn Sie mit einem eigenen Artikel helfen können, nehmen Sie bitte über editor@os2voice.org Kontakt zu mir auf.

Warp Doctor: Haben Sie Vorschläge zu Warp Doctor? Sie können Ihre Kommentare direkt an den Warp-Doctor-Webmaster Jeremy Workman unter rs@fyrelizard.com schicken. Oder nehmen Sie noch besser an einem der Treffen des Warp-Doctor-Teams teil.

Um das Projekt voranzutreiben, brauchen wir jedermanns Hilfe. Bitte beachten Sie die nochmalige Terminänderung. Das Team trifft sich nun jeden Sonntag um 21:00 Uhr MEZ im Kanal #warpdoctor des WEBBnet. Der vierzehntägige Wechsel war zu verwirrend. Weitere Informationen bezüglich der Teilnahme an IRC-Treffen des Warp-Doctor-Teams entnehmen Sie bitte der Seite http://de.os2voice.org/meetinginfo.html.

VOICE Online-Update: Diesen Monat finden die allgemeinen Mitgliedertreffen am 3. und 17. Februar um 02:00 MEZ statt. Alle, die an OS/2 oder eComStation interessiert sind, sind zu diesen Sitzungen eingeladen. Weitere Informationen bezüglich der Teilnahme an VOICE Online-Treffen im IRC entnehmen Sie bitte der Seite http://de.os2voice.org/meetinginfo.html.

Wenn Sie eine Idee für eine SpeakUp-Veranstaltung haben, senden Sie diese bitte an liaison@os2voice.org, und wir werden versuchen, etwas auf die Beine zu stellen. Vergessen Sie nicht, den aktuellen VOICE Veranstaltungskalender in diesem Newsletter oder auf der VOICE Website unter http://de.os2voice.org/calendar.htm anzuschauen, um mehr über zukünftige VOICE-Veranstaltungen zu erfahren.

Diesen Monat müssen wir leider ohne einen Artikel zu DrDialog auskommen.

Die Sicherheit im Internet ist heutzutage eines der großen Themen. Während OS/2-Anwender weitgehend vor Attacken durch Hacker, Würmer oder trojanische Pferde geschützt sind, weil diese im allgemeinen Schwachstellen der Microsoft-Betriebssysteme angreifen, stellt dies jedoch keinen Grund dar, dem Leichtsinn zu verfallen. Dienste, die von jedem genutzt werden können, sind auch unter OS/2 ein offenes Scheunentor. In »Quick and Dirty«-Firewall beschreibt Doug Bisset, wie Sie sich als Endanwender mit der in OS/2s TCP/IP 4.1 und höher eingebauten Firewall vor unliebsamen Gästen schützen können.

OS/2-Anwender, die sich neue Hardware anschaffen wollen, tun gut daran, sich vor dem Kauf davon zu überzeugen, daß diese auch mit OS/2 kompatibel ist. Das gilt insbesondere für Notebooks. Mark Dodel hat bei einem Aldi-Schnäppchen zugegriffen und kann Ihnen sagen, ob es sich das Medion Multimedia Entertainment Notebook Titanium M1 auch für Sie lohnen könnte.

OS/2-Rechner sind oft in heterogene Netzwerke eingebunden. In der letzten November-Ausgabe beschrieb Mike W. Cocke Samba als Möglichkeit der Kommunikation von OS/2- mit Linux-Rechnern. Diesmal zeigt uns Mike, wie man alternativ das Network File System (NFS) nutzen kann: NFS, TCP/IP, OS/2 und Linux - cross-platform mit aller Macht.

Schließlich gibt es wie immer die Seite mit OS/2-Tips und Leserbriefe, Addenda, Errata. Wenn Sie irgendwelche Tips zu OS/2 oder eCS entdeckt haben, senden Sie diese bitte an tips@os2voice.org. Wenn Sie irgendwelche Kommentare oder Vorschläge den Newsletter oder die Artikel darin betreffend abgeben möchten, senden Sie diese bitte an editor@os2voice.org.

Das wäre es für diesen Monat. Zukünftige Artikel umfassen ein Update Alfredo Fernández Díaz' seines Artikels zum Booten von OS/2 von einer CD, weitere Teile der Serie über REXX und Dr.Dialog sowie einen Test eines SanDisk USB-Lesegerätes für Speichermodule von Mark Dodel.

Mark Dodel, Christian Hennecke und Jason R Stefanovich
Herausgeber des VOICE Newsletter


[Artikelverzeichnis]
editor@os2voice.org
[Vorherige Seite] [Inhaltsverzeichnis] [Nächste Seite]
VOICE Homepage: http://de.os2voice.org