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September 2003

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Über OS/2, eCS und ihre Verfechter in Newsgroups

Ein Leitartikel von Marckus Kraft, Leitender Redakteur des VOICE Newsletter.

Als langjähriger Benutzer von OS/2 und dem Internet bin ich immer wieder aufs Neue überrascht, wie die Leute auf die "neue" eComStation reagieren, besonders in den englischsprachigen Newsgruppen des Usenets. Ich frage mich, wie sich erwachsene Menschen so verhalten können, wie es einige in in comp.os.os2.misc, comp.os.os2.utilities oder comp.os.os2.apps (um einige zu nennen) tun.

Beispiel:
Herr X fragt nach einer Lösung für sein Problem, Minuten später antwortet Herr Y. Die Antwort betrifft zu 50 Prozent das Problem und enthält außerdem den Ratschlag, auf eCS aufzurüsten. Wieder einige Minuten später beschwert sich Herr Z über diesen Rat, nennt es Häresie (von der kirchlichen Lehre abweichende Glaubensüberzeugung / Meyers Grosses Handlexikon), SPAM, illegal in einer OS/2-Newsgruppe, und so weiter, und so fort. Im Regelfall führt diese Ansicht zu weiteren (Rache-)Beiträgen der Herren Y, A oder B. Am Ende haben wir sehr viele Beiträge, deren einziger Bezug zum Ausgangsthema die Worte OS/2 oder eCS sind. Das Problem des armen X ist aber nur zu 50 Prozent gelöst.

Weil einige Teilnehmer kein Blatt vor den Mund nehmen und frei von der Leber weg schreiben, erinnert mich das fast an einen Religionskrieg. Und bei dem Stichwort fällt mir ein kleiner Beitrag des bekannten italienischen Autors Umberto Eco ein, den ich Ihnen nicht vorenthalten will. Er ist noch immer im Internet zu finden. Herr Eco schreibt nicht über OS/2 oder eCS, aber ich bin sicher, Sie können ihn auf die heutige Zeit übertragen.

Ein neuer Heiliger Krieg: Mac gegen DOS

Quelle: Ein neuer Heiliger Krieg: Mac gegen DOS

Ungenügende Beachtung hat der verborgene neue Religionskrieg gefunden, der im Begriff ist, unsere moderne Welt tiefgreifend zu verändern. Ich habe den Verdacht schon lange, aber jedesmal, wenn ich ihn irgendwo erwähne, stelle ich fest, daß man mir spontan zustimmt.

Tatsache ist, daß die Welt sich heute in Benutzer des Macintosh und Benutzer der mit DOS laufenden Computer teilt. Ich bin der festen Überzeugung, daß der Macintosh katholisch und DOS protestantisch ist. Mehr noch, der Mac ist katholisch im gegenreformatorischen Sinn, durchdrungen von der jesuitischen "ratio studiorum". Er ist heiter, freundlich und entgegenkommend, er sagt dem Gläubigen, wie er Schritt für Schritt vorgehen soll, um wenn nicht das Himmelreich, so doch den Moment des erfolgreichen Ausdruckens der Datei zu erreichen. Er ist katechistisch, das Wesen der Offenbarung wird in verständliche Formeln und prächtige bunte Ikonen gefaßt: Jeder hat Anrecht auf das Heil.

DOS dagegen ist protestantisch, ja geradezu calvinistisch. Es sieht eine freie Auslegung der Schriften vor, es verlangt schwierige persönliche Entscheidungen, es zwingt dem Gläubigen eine subtile Hermeneutik auf und nimmt als gegeben, daß nicht jeder zum Heil gelangt. Um das System funktionieren zu lassen, sind persönliche Exegesen des Programms erforderlich. Weit entfernt von der barocken Festgemeinde, sitzt der Benutzer eingeschlossen in der Einsamkeit seiner Gewissensnot.

Man wird mir entgegenhalten, mit dem Übergang zu Windows habe die DOS-Welt sich der gegenreformatorischen Toleranz des Macintosh angenähert. Richtig: Windows repräsentiert ein Schisma vom anglikanischen Typus, große Zeremonien in der Kathedrale, aber stets mit der Möglichkeit einer schnellen Rückkehr zu DOS, um aufgrund bizarrer Entscheidungen eine Vielzahl von Dingen zu ändern; letztlich könnte man, wenn man will, auch das Priesteramt den Frauen anvertrauen.

Natürlich haben Katholizismus und Protestantismus der beiden Systeme nichts mit den kulturellen und religiösen Positionen ihrer Benutzer zu tun. Neulich mußte ich entdecken, daß Franco Fortini, der strenge und immer zerquälte Dichter, der noch dazu ein erklärter Feind der Gesellschaft des Spektakels ist, auf einem Macintosh schreibt, es war kaum zu glauben. Allerdings muß man sich fragen, ob die Benutzung des einen Systems anstelle des anderen nicht auf die Dauer zu tiefen inneren Verwerfungen führt. Kann man ernstlich DOS-User und zugleich aufrichtiger Papst-Fan sein? Und übrigens: Hätte C61ine mit Word, mit WordPerfect oder mit Wordstar geschrieben? Hätte Descartes in Pascal programmiert?

Und die Maschinensprache, die im tiefen Untergrund über das Schicksal beider Systeme entscheidet, gleich in welcher Umgebung? Nun, da sind Altes Testament, Talmud, Kabbala ... *

1994

* Dieser Streichholzbrief wurde vor sechs Jahren geschrieben. Inzwischen haben sich die Dinge geändert. Die diversen Releases haben Windows 95 und 98 dazu geführt, zusammen mit Mac entschieden tridentinisch-katholisch zu werden. Die Fackel des Protestantismus ist in die Hände von Linux übergegangen. Aber der Gegensatz ist geblieben (A. d. A., 1999).

Deutsche Übersetzung von Umberto Ecos Kolumne "La bustina di Minerva," in der italienischen Wochenzeitschrift Espresso (30. September 1994).

Neues vom VOICE Newsletter: Wenn Sie ein paar Stunden pro Monat erübrigen können, wir könnten gut noch etwas Verstärkung bei der Zusammenstellung der Tips-Seite, der Bearbeitung der Artikel und beim Schreiben der Editoriale gebrauchen.

Unser Übersetzungs-Team braucht immer noch Verstärkung. Um helfen zu können, müssen Sie nicht unbedingt besonders gut übersetzen können oder HTML-Programmierer sein. Wenn Sie gute deutsche Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse besitzen, können Sie auch bei der Korrektur der Artikel helfen. Einige Hinweise zu den Übersetzungsaktivitäten finden Sie im FAQ. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an christian.hennecke@os2voice.org.

Wir sind wie immer an Ihren Gedanken und Ansichten zu OS/2-bezogenen Themen interessiert und sehen genauso gerne Aufsätze wie Hardware- und Softwarebesprechungen oder Anleitungen. Wenn Sie eine Idee für einen Artikel haben, warum schreiben Sie nicht einfach einen? Abgesehen von der Programmierung nativer OS/2-Anwendungen ist es eine der besten Möglichkeiten, der OS/2-Community zu helfen. Und es kann wirklich jeder tun. Die wenigsten unserer Autoren betreiben diese Arbeit professionell. Es sind OS/2-Anwender, die versuchen, anderen OS/2-Anwendern zu helfen. Schicken Sie uns Ihre Ideen oder besser noch einen Artikelentwurf an editor@os2voice.org. Beachten Sie dabei bitte unsere Richtlinien für Beiträge zum VOICE Newsletter. Darin finden Sie Themenvorschläge, Hinweise zum Inhalt, zur Strukturierung und Formatierung sowie zur rechtlichen Seite.

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Diesen Monat haben wir drei Artikel, die sich mit Programmierung beschätigen. Der Newsletter VOICE ist eigentlich für Endanwender gedacht, aber seit dem letzten Jahr bieten wir auch Artikel zu Programmierfragen an, in der Hoffnung, in der OS/2-Gemeinschaft den einen oder die andere zu motivieren, Programme für unsere Lieblingsplattform zhu schreiben. Wir haben selbstverständlich dabei unser Primärziel nicht aus den Augen verloren, diesen Monat haben wir halt nicht so viele andere Artikel. Wenn Sie nächsten Monat mehr Berichte oder Beiträge zu Software und Hardware lesen wollen, warum schreiben Sie nicht einen?

Thomas Klein ist mit Teil zehn seiner Serie DrDialog, oder: Wie ich lernte, REXX zu lieben wieder dabei. Dieses Mal beschätigt er sich mit iterativer Logik (Schleifen).

Per Johansson folgt mit einem Artikel zum Datenbankzugriff mit Java, JDBC und JNDI.. Per zeigt uns, wie man das macht mit den Werkzeugen, die es für OS/2 bereits gibt.

Einige mögen dies als "Programmierung" bezeichnen - im Artikel Erstellung von Skripten zur Automation von Anwendungsmigrationen zeigt Chris Clayton uns Endanwendern, wie man REXX-Skripte schreibt, um Anwendungen von einer bestehenden OS/2- oder eCS-Arbeitsoberfläche auf eine neu installierte Version zu migirieren.

Zum Schluß haben wir für die Quellcode-Phobiker eine n Nicht-Programmier-Beitrag. Der Präsident von VOICE, Walter Metcalf, schreibt über seine jüngsten Erfahrungen bei der Installation der neuesten Version von OS/2, der eComStation im Artikel eCS 1.1 Installation Tips und Tricks.

Wir haben ferner einen Bericht über den Epson Perfection 3200 Photo Scanner, geschrieben von Lothar Frommhold. Diesen USB-Scanner konnte Lothar ohne Probleme mit der eComStation betreiben.

Schließlich haben wir diesen Monat noch den ersten Teil von Christian Langankes Artikel Perspektiven eines Programmierers für den Endanwender. Teil zwei folgt dann im Oktober. Christian beschreibt, warum er für unser Lieblingsbetriebssystem programmiert.

Wir haben einige Briefe auf der Seite Briefe, Ergänzungen, Korrekturen. Diesen Monat haben wir leider kein Seite mit Tipps und Tricks. Diese Seite erscheint voraussichtlich wieder in der nächsten Ausgabe. Wenn Sie irgendwelche Tipps und Tricks zu OS/2 oder eCS entdeckt haben, senden Sie diese bitte per mail an folgende Adresse: tips@os2voice.org. Haben Sie Anmerkungen oder Vorschläge zum Newsletter oder zu Artikeln, schreiben Sie bitte an: editor@os2voice.org.

Das ist alles für diesen Monat. Demnächst: ein Artikel über das Workplace Shell Toolkit von Christian Langanke; "Einsatz des HP PhotoSmart 1000 unter OS/2" von Stuart Updike und der nächste Teil der Serie DrDialog von Thomas Klein.

Mark Dodel, Christian Hennecke, Marckus Kraft und Jason R Stefanovich
Redaktion des VOICE Newsletter


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